Entstehungsgeschichte
Modellregion Herzberg (Elster): Partizipative Entwicklung aus der Praxis heraus
Die Ehrenamtsplattform digital.verein.t entstand im Rahmen des Modellprojekts „Herzberg digital.verein.t“, das von neuland21 e. V. gemeinsam mit der Stadt Herzberg (Elster) im Zeitraum 2021–2022 im Programm „Heimat 2.0“ entwickelt und durch das BMWSB sowie das BBSR gefördert wurde.
Ausgangspunkt war die Beobachtung, dass sich viele der über 80 Vereine und Gruppen in Herzberg (Elster) mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert sahen: Die interne Kommunikation war oft umständlich, Informationen über Aktivitäten und Angebote waren schwer auffindbar, und digitale Kompetenzen oder Infrastrukturen fehlten vielerorts. Die Corona-Pandemie verstärkte diese Probleme und führte in Teilen des Ehrenamts zu einem Stillstand. Gleichzeitig entstand der Wunsch, aus dieser Situation heraus neue, zukunftsfähige Strukturen aufzubauen.
Die Entwicklung der Plattform erfolgte deshalb nicht als fertige technische Lösung „von außen“, sondern in einem ko-kreativen Prozess mit den Engagierten vor Ort und dem Entwicklungspartner TPWD - The People Who Do. In Workshops, Interviews, digitalen Umfragen und moderierten Austauschformaten wurden Bedarfe identifiziert, Funktionswünsche priorisiert und Nutzungsbarrieren sichtbar gemacht. Dabei wurde früh deutlich: Es braucht eine Plattform, die nicht nur technisch funktioniert, sondern die Alltagstauglichkeit, Niedrigschwelligkeit und Vertrauen vereint.
Das Ergebnis ist eine modulare Plattformlösung, die direkt in die bestehende Städte-App der Stadt Herzberg integriert wurde. Diese bietet:
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einen öffentlichen Bereich mit Vereinsprofilen, Terminen und Beiträgen,
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sowie einen geschützten internen Bereich für registrierte Engagierte mit Gruppenfunktionen, Direktnachrichten, Kalendern, Pinnwänden und Dokumentenzugriff.
Begleitend zur technischen Umsetzung wurden Bildungsveranstaltungen und Qualifizierungsangebote organisiert, die sowohl den Einstieg in digitale Tools erleichtern als auch Austausch und Vernetzung zwischen den Vereinen fördern sollten. Zudem wurde mit dem St.adtlabor ein physischer Ort geschaffen, an dem Digitalisierung im Ehrenamt greifbar wird – als Raum für Workshops, Beratung und kollegiale Unterstützung.
Diese intensive Zusammenarbeit auf Augenhöhe prägte nicht nur die Plattform, sondern veränderte auch den Blick der Stadt auf ihre Ehrenamtlichen: Der Kontakt wurde direkter, Bedürfnisse wurden sichtbarer, und viele bisher wenig bekannte Aktivitäten rückten ins Licht der Öffentlichkeit. Stephanie Kuntze, stellvertretende Bürgermeisterin der Modellregion, beschreibt es so:
„Man kommt mit den Ehrenamtlichen durch eine neue Art und Weise in Kontakt und erfährt viel mehr über die Herausforderungen und Bedürfnisse, denen sie in ihrer täglichen Arbeit gegenüberstehen. Dadurch erhält man ein tieferes Verständnis ihrer Vereinswelt und gewinnt Erkenntnisse, die auch abseits des Projektes von großer Bedeutung sind.“
Transferphase: Nachnutzung in weiteren Regionen
Aufgrund des positiven Rücklaufs aus Herzberg und wachsender Nachfrage aus anderen Kommunen wurde die Plattform im Rahmen der dritten Staffel von „Heimat 2.0“ gezielt für eine überregionale Nachnutzung weiterentwickelt. Unter dem Titel „Ehrenamtsplattform digital.verein.t“ wird die Lösung derzeit in den Transferregionen Havelland, Rüdersdorf bei Berlin und Otterbach-Otterberg eingeführt und bedarfsgerecht angepasst.
Zentrales Instrument dieser Phase ist das Patenmodell: Die Modellregion Herzberg (Elster) begleitet als erfahrene „Patenregion“ die interessierten Kommunen bei der Einführung der Plattform. Dabei wird nicht nur der technische Unterbau zur Verfügung gestellt, sondern auch das im Modellprojekt aufgebaute Prozesswissen, das methodische Vorgehen und die gesammelten Erfahrungen.
Die übertragene Ehrenamtsplattform bleibt dabei modular, offen und anpassungsfähig. Sie kann gezielt auf lokale Strukturen, Verwaltungsprozesse und kulturelle Besonderheiten abgestimmt werden – ohne ihre Grundidee zu verlieren: Engagement stärken, Austausch erleichtern, Gemeinschaft digital verbinden.
So wird aus einem lokalen Modellprojekt eine übertragbare Infrastruktur für das Ehrenamt im ländlichen Raum – praxisnah, flexibel und nachhaltig.